Almansor by Heinrich Heine
Autor:Heinrich Heine
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: buecher de
veröffentlicht: 2009-10-07T13:50:24+00:00
5
Zuleima:
Ins Haus der Liebe trat dein FuÃ, Almansor,
Doch Blindheit lag auf deinen Augenwimpern.
Vermissen mochtest du den heitern Schimmer,
Der leicht durchgaukelt alte Heidentempel,
Und jene Werkeltagsbequemlichkeit,
Die in des Moslems dumpfer Betstub kauert.
Ein ernstres, beÃres Haus hat sich die Liebe
Zur Wohnung ausgesucht auf dieser Erde.
In diesem Hause werden Kinder mündig,
Und Münd'ge werden da zu Kindern wieder;
In diesem Hause werden Arme reich,
Und Reiche werden selig in der Armut;
In diesem Hause wird der Frohe traurig,
Und aufgeheitert wird da der Betrübte.
Denn selber als ein traurig, armes Kind
Erschien die Liebe einst auf dieser Erde.
Ihr Lager war des Stalles enge Krippe,
Und gelbes Stroh war ihres Hauptes Kissen.
Und flüchten muÃte sie wie 'n scheues Reh,
Von Dummheit und Gelehrsamkeit verfolgt.
Für Geld verkauft, verraten ward die Liebe,
Sie ward verhöhnt, gegeiÃelt und gekreuzigt; -
Doch von der Liebe sieben Todesseufzern,
Zersprangen jene sieben Eisenschlösser,
Die Satan vorgehängt der Himmelspforte,
Und wie der Liebe sieben Wunden klafften,
Erschlossen sich aufs neu die sieben Himmel,
Und zogen ein die Sünder und die Frommen.
Die Liebe war's, die du geschaut als Leiche,
Im MutterschoÃe jenes traur'gen Weibes.
Oh, glaube mir, an jenem kalten Leichnam
Kann sich erwärmen eine ganze Menschheit,
Aus jenem Blute sprossen schönre Blumen,
Als aus Alradschids stolzen Gartenbeeten,
Und aus den Augen jenes traur'gen Weibes
FlieÃt wunderbar ein süÃres Rosenöl,
Als alle Rosen Schiras' liefern könnten.
Auch du hast teil, Almansor ben Abdullah,
An jenem ew'gen Leib und ew'gen Blute,
Auch du kannst setzen dich zu Tisch mit Engeln,
Und Gottesbrot und Gotteswein genieÃen,
Auch du darfst wohnen in der Sel'gen Halle,
Und, gegen Satans starke Höllenmacht,
Schützt dich mit ew'gem Gastrecht Jesu Christ,
Wenn du genossen hast sein »Brot und Wein«.
Almansor:
Du sprachest aus, Zuleima, jenes Wort,
Das Welten schafft und Welten hält zusammen;
Du sprachest aus das groÃe Wörtlein »Liebe!«
Und tausend Engel singen's jauchzend nach,
Und in den Himmeln klingt es schallend wider;
Du sprachst es aus, und Wolken wölben sich,
Dort oben hoch, wie eines Domes Kuppel,
Die Ulmen rauschen auf, wie Orgeltöne,
Die Vöglein zwitschern fromme Andachtlieder,
Der Boden dampft von wallend süÃem Weihrauch,
Der Blumenrasen hebt sich als Altar -
Nur eine Kirch der Liebe ist die Erde.
Zuleima:
Die Erde ist ein groÃes Golgatha,
Wo zwar die Liebe siegt, doch auch verblutet.
Almansor:
Oh, flechte nicht zum Totenkranz die Myrte,
Und hüll die Liebe nicht in Trauerflöre.
Der Liebe Priesterin bist du, Zuleima,
Die Liebe wohnt in deines Busens Zelle,
Aus deiner Ãuglein klaren Fenstern schaut sie,
Ihr Odem weht aus deinem süÃen Munde -
Auf euch, ihr sammetweiche Purpurkissen,
Auf euch, ihr holden Lippen, thront die Liebe,
Auf euch möcht sich Almansors Seele betten -
Ei, hörst du nicht Fatimas letzte Worte:
»Bring diesen Kuà Zuleimen, meiner Tochter.« -
Sie sehn sich lange wehmütig an. Sie küssen sich
feierlich.
Zuleima:
Fatimas Totenkuà hab ich empfangen,
Nimm hin dagegen Christi LebenskuÃ.
Almansor:
Es war der Liebe Odem den ich trank,
Aus einem Becher mit Rubinenrande;
Es war ein Feuerborn woraus ich trank
Ein Ãl, das heià durch meine Adern rinnet,
Und mir das Herz erquicket und verbrennt.
Umschlingt sie.
Ich laà nicht ab von dir, von dir, Zuleima!
Und ständen offen Allahs goldne Hallen,
Und Huris winkten mir mit schwarzen Augen,
Ich lieà nicht ab von dir, ich blieb bei dir,
Umschlänge fester deinen süÃen Leib -
Dein Himmel nur, Zuleimas Himmel nur,
Sei auch Almansors Himmel, und dein Gott,
Sei auch Almansors Gott, Zuleimas Kreuz
Sei auch Almansors Hort, dein Christus sei
Almansors Heiland auch, und beten will ich
In jener Kirche, wo Zuleima betet.
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